Anthony van Dyck: Daedalus und Icarus (Wikimedia Commons) © Wikimedia Commons/Google Art Project
Von Oliver Ruhm
11. Januar 2023

Umkehrschluss mit lustig, Startup-Glaubenssätze.

Oliver Ruhm
Oliver Ruhm, Zeughaus Design © Patricia Keckeis
Ich glaube an Steve. Den Apfel, den Allmächtigen. Und seinen eingeborenen Sohn, Elon, unseren Herrn. Aufgefahren in den Himmel mit seiner Falcon Heavy Rakete.
Die Startupliteratur ist voll von Glaubenssätzen, Mantras, Erfolgsrezepten. Gründerinnen und Gründer murmeln sie rund um den Globus. Eine Melange aus American Dream und Last Unicorn. Exit als Lottogewinn der Entrepreneure. Im KPI-Slalom von Burn Rate bis Cash Runway erklingt The Final Countdown.
Ich ziehe den Hut vor allen Gründerinnen und Gründern, die sich im Startup-Crunch einen Namen machen konnten. Einige von ihnen, wie Fretello oder FastBill, haben wir quasi von der ersten Stunde begleitet und maßgeblich mitgestaltet. Für eines haben wir sogar in einer Ausgabe des Y Combinators live mitgearbeitet. Remote, leider, keine Palmen für uns. Nur Zeitverschiebung und 22-Uhr-Calls.
Der massive Druck, dem Startup-Teams ausgesetzt sind, ist kaum zu beschreiben. Investor Relations, aufgebauter Hype, desolate Rahmenbedingungen. Immer hart am Wind, immer kurz vor Kollaps. Und dazu Leute, die dich nach Strich und Faden ausnehmen, über den Tisch ziehen wollen, dich kopieren, verhindern, vernichten wollen.
Viele der Gründerinnen und Gründer, die ich in den letzten beiden Jahrzehnten kennenlernen durfte, klammerten sich an dieselben Glaubenssätze. Einfach das eigene Ding durchziehen und nicht auf die Old Economy hören. Es zählt nicht, Erster zu sein. Auch Apple ist erst spät ins MP3-Player-Geschäft eingestiegen und hat dann die ganze Musikbranche disrupted. Das nächste Uber, das nächste Instagram, das nächste Airbnb.
In der Startupszene wimmelt es übrigens auch vor Umkehrschlüssen. Elon Musk hat sich nie die Füße gewaschen und er wurde der reichste Mann der Welt, zumindest vor dem Twitterkauf. Jetzt hat er den blauen Haken for life. Homer Simpson sagte: „Ich habe drei Kinder und kein Geld. Warum kann ich nicht keine Kinder haben und drei Geld?“ Zurück zu Elons Füßen und dem Umkehrschluss. Wenn ich mir als Startup-Gründer also nie die Füße wasche, werde ich dann auch der reichste Mann der Welt? So funktioniert die Logik vieler Startup-Mantras. Wackelt da am Ende gar der sprichwörtliche Schwanz mit dem unglückseligen Hund?
Anderes Beispiel: Pivot. Ein schönes Wort für „den Karren im letzten Augenblick herumreißen und mehr oder weniger blind darauf hoffen, dass die Verzweiflungstat endlich den erwünschten Erfolg bringt (oder sterben).“ Es gibt Startups, die haben sehr lange in die falsche Richtung gearbeitet. Zum Beispiel Notion oder, österreichischer, Shpock. Und dann, kurz vor dem völligen Kollaps: Pivot. Neuausrichtung des Geschäftsfeldes. Kennt man auch von NOKIA, der Klassiker. Die machten eigentlich Gummistiefel, wurden in den 80ern aber von Importprodukten vom Markt gedrängt. Also pivotisierte man zur Telekommunikation. Angeblich, ohne einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zu entlassen. Aber wieder: nur weil eine Verzweiflungstat diese Unternehmen rettete, muss umgekehrt ein wöchentliches Herumreißen der Unternehmensstrategie nicht zwangsläufig zum Erfolg führen. Alles schon erlebt. Looking at you, Tagesspiegel Berlin.
Die Liste der Glaubenssätze ist lang und jeden Tag wächst diese Blockchain der verzweifelten Hoffnung. Wir bei Zeughaus begleiten mehrere Startups und auch Unternehmen, die aus solchen hervorgingen. Das schon erwähnte FastBill war vor 10 Jahren eines der ersten klassischen Startups, die wir von der Pike weg gestaltet haben. Danach kamen Protonet, Palisis, Fretello, Senseforce, clockodo, Xibee und weitere Ventures, die sich bei uns mit Marken- und Digitaldesign eindeckten. Unserer Erfahrung nach sind die Startups erfolgreich, die für ihr Thema und Produkt ehrlich und begeistert brennen. Gutes Stichwort.
Ikarus, verbrannt weil nah der Sonne. Fliegen lernen, nachdem man gesprungen ist. Mit Flügeln aus Wachs und angeklebten Federn. Mehr noch Proof of Concept als Minimum Viable Product. Abstürzen in die Höhle des Löwen oder, noch tiefer, 2 Minuten 2 Millionen. Gründertum als Volksbelustigung. Willkommener Promo-Booster oder doch Ausverkauf der Startup-Seele? We feel you.
Seit unserer Gründung arbeiten wir laufend mit Startups zusammen. In der initialen Phase holt man uns als externe Design-Division ins Boot. Pre-Launch nennt man das: Name, Marke, Digitales Produktdesign, Marketingunterlagen, Pitch Decks. Für ein Jahr, plusminus, gehen wir den Weg wir mit Startups hin zum Launch. In der Scale-Up-Phase liegt es in der Natur der Sache, dass interne Ressourcen in den Kerndisziplinen ausgebaut werden: Marketing, Design, Kommunikation werden von uns peu a peu übergeben. Also ist die Arbeit mit Startups auch immer geprägt vom Loslassen. Unsere Bodentruppen winken dem digitalen Ikarus nach, bis er ins Blau entschwindet. Schreib uns mal. Und pass auf vor der Sonne.
Wenn wir deinen Startup auch ein paar Flügel basteln sollen, schreib an daedalus@zeug.haus – wir freuen uns auf einen gemeinsamen Launch.

Zeughaus Design GmbH
Kreuzgasse 7 6800 Feldkirch
Österreich